Rezension: Die Pilotenuhr „Tribute To 3705“ von IWC
Nahe der Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland in der Stadt Schaffhausen gelegen stellt International Watch Company seit fast einem Jahrhundert spezielle Pilotenuhren her. Die neueste davon ist diese Pilotenuhr „Tribute to 3705“. Hier lesen Sie die Geschichte, weshalb sie nicht existieren würde, wenn es nicht drei leidenschaftliche Ruderer, einen Flugplatz in Croydon in England und einen verzweifelten Versuch zur Abwendung der Insolvenz gegeben hätte.
Ein Thema kommt häufig in Gesprächen über Uhren auf, allerdings würden Sie das hier nicht erwarten: Tauchen. Es ist eine hübsche Legende, dass die Erschwinglichkeit und Zweckmäßigkeit des gerade erfundenen SCUBA-Tauchgeräts den Uhrmachern der 1950er Jahre ein neues Ziel verschaffte. Nicht nur professionelle Taucher wagten sich in die Tiefe, sondern auch Amateure, was oft als der Wendepunkt angesehen wurde, der Rolex in die Stratosphäre katapultierte.
Worüber Sie nicht so viel hören, ist die Fliegerei. Dieses aufstrebende Verkehrsmittel des frühen 20. Jahrhundert hat mit dem Fortschritt der Flugtechnik im Lauf des Ersten Weltkriegs sichergestellt, dass das Flugzeug ein fester Bestandteil der modernen Welt werden sollte. Der Beruf des professionellen Piloten, der früher nur eine Science-Fiction-Fantasie war, hatte sich in den 1930er Jahre zu einer sehr realen Sache entwickelt.
Das galt genauso für die Fliegerei als Zeitvertreib. Natürlich gab es nicht viele, die sich dieses Privileg leisten konnten, nichtsdestotrotz wurde im Jahr 1933 der private britische Pilotenschein eingeführt. Einer der wenigen, die ihn nutzten, war ein gewisser Ernst Jakob Homberger, der zufällig im selben Jahr in einer de Havilland DH.60 Motte ein grasbewachsenes Flugfeld in Croydon, etwas außerhalb von London, entlang rollte.
IWC wurde im Jahr 1868 gegründet
Wie konnte sich Homberger das leisten? Kaum dreißig Jahre nach der Erfindung des Flugzeugs zum Zeitvertreib zu fliegen? Er war ein Geschäftsmann mit Handelserfahrung auf der ganzen Welt, von London über Zürich bis in die Karibik. Als er in der Schweiz war, wurde er von der Rohrleitungsbaufirma Georg Fischer angeheuert wurde, um die Entwicklung eines Wasserkraftwerks am Rhein zu leiten. Die Operationsbasis war in Schaffhausen.
Dort traf er seine zukünftige Ehefrau Bertha Rauschenbach. Das Wasserkraftwerk sollte Wohlstand nach Schaffhausen bringen und günstigen Strom liefern, mit dem die Fabrik von Berthas Vater laufen konnte. Ihr Vater war Johannes Rauschenbach-Schenk – Eigentümer von International Watch Company.
Als Johannes starb, wurden Homberger, seine Frau, ihre Schwester und der Ehemann ihrer Schwester gemeinsame Eigentümer von IWC, und gegen Ende der 1920er Jahre wurde Homberger alleiniger Eigentümer. Mit seiner Firma konnte er tun, was er wollte, und als er seinen privaten Pilotenschein im Jahr 1933 erwarb, hatten seine Söhne, die auch begeisterte Flieger und hervorragende Ruderer waren, eine Idee.
IWC ist in Schaffhausen in der Schweiz ansässig
Die Schweiz brachte erst drei Jahre später einen eigenen privaten Pilotenschein heraus und die drei Söhne von Homberger, Hans, Alexander und Rudolf, beschlossen gemeinsam, dass IWC die Uhr herstellen sollte, die jeder neue Pilot tragen sollte. So wurde die „besondere Pilotenuhr“ geboren, ein Instrument mit bruchsicherem Glas, einer Drehlünette mit Zeitanzeige, antimagnetischen Eigenschaften, fluoreszierenden Zeigern und Ziffern und einem Betriebsbereich von –40 bis +40 Grad Celsius. Auf dem Jungfernflug der Supermarine Spitfire wurde die „besondere Pilotenuhr“ erschaffen – und Geschichte geschrieben.
Zu dieser Zeit konnten die Hombergers nicht wissen, dass etwa 50 Jahre später International Watch Company weniger Geschichte schreiben als vielmehr fast selbst zur Geschichte werden sollte. Das war 1988 und der technische Wandel hatte die mechanischen Uhren von IWC überholt. Die neue Technologie war Quartz und IWC musste das entweder aufgreifen oder untergehen – und IWC war nur einen kleinen Schritt vom Untergang entfernt.
Die Pilotenuhr von IWC hat seit ihrem Erscheinen im Jahr 1936 viele Auflage durchlaufen – aber sie war für die Öffentlichkeit seit diesem Original schon lange nicht mehr erhältlich. Der berühmte Restrukturierungsexperte Günter Blümlein wurde eingestellt, um dem Schicksal der IWC eine Wende zu geben, und dazu wandte er sich der Pilotenuhr zu. Ausgestattet mit einem Mechaquartz-Uhrwerk der Firma Jaeger-LeCoultre, deren Geschicke auch in den Händen von Blümlein lagen, brachte IWC den Fliegerchronographen 3740 heraus, den Pilotenuhren-Chronographen – und diesmal war er für die Öffentlichkeit verfügbar.
Auf gewisse Weise war die Pilotenuhr zum Ausgangspunkt zurückgekehrt: Beide Uhren markierten einen Wendepunkt in der Technik, beide erfüllten dieselben Ansprüche an eine Pilotenuhr, weil sie haltbar und robust waren und die Zeit aufzeichnen konnten – aber dieses Mal waren es nicht unbedingt Piloten, die diese Uhr kauften, sondern Leute, die sich für das fliegerische Erbe von IWC interessierten.
Das heutige Stammhaus von IWC in Schaffhausen wurde im Jahr 1875 erbaut
Das Glück war dem Uhrmacher hold, und gegen Ende der Auflage des Fliegerchronographs im Jahr 1992 gab Blümlein eine letzte limitierte Auflage der Uhr in Auftrag, die die Kluft zwischen Profipilot und Fan schloss. Dieses Mal war es die ultimative Interpretation, jetzt auf vielfachen Wunsch mit einem automatischen Uhrwerk, aber auch mit exotischen Materialien wie Titan und Zirkonoxidkeramik ausgestattet. Das war der Fliegerchronograph Keramik 3705 von IWC.
Die Herstellung von 3705 lief nur vier Jahre lang und es wurden nur etwas weniger als tausend Uhren insgesamt hergestellt, da sie gegenüber der günstigeren Stahlausgabe 3706 an Beliebtheit verlor. Damals war noch nicht klar, dass dieses gewagte Unterfangen mit unbekannten Materialien einen Präzedenzfall für die Zukunft der Firma schaffen würde, der heute mit dieser Pilotenuhr-Ausgabe „Tribute To 3705“ IW387905 geehrt wird.
Es hätte nicht ausgereicht, 3705 einfach neu aufzulegen. Deswegen hat sich IWC entschlossen, die Keramik des Originals durch eine neuartige hitzebehandelte Titanlegierung mit dem Namen Ceratanium zu ersetzen. Im Schmelzofen wird der Titanlegierung Sauerstoff zugeführt, was der äußeren Schicht nicht nur extreme Härte und Kratzfestigkeit verleiht wie bei Keramik, sondern auch eine tiefschwarze Farbe genau wie bei der originalen Uhr 3705. Zudem ist die Uhr mit dem Manufakturuhrwerk Kaliber 69380 nicht mehr abhängig von zugekauften Uhrwerken wie insbesondere dem Valjoux 7750.
Das Vermächtnis von IWC kann nicht am ruhigen Lauf der Firmengeschichte gemessen werden – die war kein einfacher Weg bis zum heutigen Tag, aber die Geschichten, die man darüber erzählen kann, wie sie sich geschlagen hat, sind wirklich lohnenswert. Von diesem Traum von der Zukunft der Fliegerei im Jahr 1936 bis zum Rückblick auf eine schwierige Zeit in der Geschichte der IWC verbirgt „Tribute to 3705“ einen Reichtum an neuen Ideen, Glück, Abenteuer und Hoffnung unter der satinierten Oberfläche.
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